die beiden Reisenden in Aktion
B

ald nähern wir uns dem selbstgesteckten Ziel Rheinsberg an, was aber auch das nahe Ende der Radreise einläutet. Zuerst einmal geht es aber durch die Prignitzer Heide (die lange als Bombenabwurfszone missbraucht wurde, nun aber Naturschutzgebiet ist) – so der Plan. Schon hinter Herzsprung kämpfen wir wieder mit knöcheltiefem Sand auf dem „Radweg“, den wir auch mehrmals verlieren…am Weg zur Prignitzer Heide würde ein Grossteil des Weges so verlaufen, was mit bepackten Rädern wahrlich kein Vergnügen ist! Wir disponieren um und umrunden die Heide von Süden her; dafür entdecken wir das äusserst nette Dorf Netzeband, das wieder mit alten Alleen und schönen Bauwerken zu einer Rast einlädt. In einem alten Gutshof stärken wir Muskeln und Gemüt – gut so, denn in der Ruppiner Schweiz warten in Kürze einige saftige Steigungen auf uns! Laubwälder, Getreidefelder und erste Seen zwischen den Hügeln sind typisch für diese Gegend am Weg zu den Mecklenburger Seen – sprich, es ist immer wieder ein neuer Anblick vor uns! In Warenthin schlagen wir für heute unser Quartier auf – und wir schlagen auch gleich noch mehr um uns, denn es wimmelt vor stechlustigen Mücken! So idyllisch es am Rheinsberger See ist, das ist für uns ein Minuspunkt, denn die Mückenmilch liegt daheim 🙂 Die Campingbesitzerin stellt nur lapidar fest: „Mücken jiebts“…sie hat dank Zigarettenrauch leicht reden! Es hilft nur die Flucht nach vorne, denn wir wollen schliesslich auch noch Rheinsberg erkunden. Das Schloss (bekannt durch Tucholskys Novelle) sehen wir schon von Weitem; auch das Städtchen hat ein besonderes Flair, denn es ist recht einheitlich im Barock- und Biedermeierstil nach einem Grossbrand errichtet worden. Wir sind zur Abwechslung einmal nicht die einzigen Touristen, denn man merkt dem Ort das Attribut „Kur- und Erholungsort“ an (wir senken den Altersschnitt ein wenig!). Leider finden wir die bekannte Keramikwerkstatt des Ortes nicht (überhaupt ist die Gegend bekannt für Porzellan- und Glasherstellung).

Tags darauf geht es nach Mecklenburg, zumindest für einige Stunden; die Gegend um Canow kennen wir auch schon früher. Zwischen den vielen Seen schlängeln wir uns dahin, leider sind die meisten mit Schilfufer bewachsen und wir können gar nicht in Wassernähe kommen. Eine Ausnahme bildet der grosse und glasklare Stechlinsee, wo wir in Dagow kurz mückenfrei am Ufer pausieren. Allerdings brauen sich am Himmel erstmals dunklere Wolken zusammen, sodass wir die Beine rasch unter die Achseln nehmen und südwärts rollen. Erste Tropfen streifen uns hinter Dollgow, aber als wir in Lindow/Mark eintreffen, ist der Himmel schon wieder glasklar! Diese letzte Strecke finden wir besonders „lieblich“, eine bunte Mischung aus Rapsfeldern (die allein schon stimmungsaufhellend sind), Hecken und kleinen Dörfern im Hügelland sorgt für Abwechslung.

Jetzt bricht der letzte Radtag an: zuerst kühl und sehr windig (der Zeltabbau am Gudelacksee gelingt nur dank perfekter Koordination der vier Hände), aber schon nach wenigen Kilometern brutzelt die Sonne wieder vom Himmel. Wir beschliessen trotz des tollen Wetters, heute in Neuruppin auf den Zug nach Brandenburg zu gehen, denn hier ist eine sinnvolle Möglichkeit für einen Zuganschluss. Da alle Verbindungen sternförmig von Berlin ausgehen, ist die Provinz teils sehr mager mit der Bahn verknüpft bzw hält nur jeder x-te Zug überhaupt. Neuruppin besticht durch seine „uniforme“ Architektur von ca 1800 – grosse, baumbewachsene Plätze, pastellfarbene, frühklassizistische Bürgerhäuser im Raster, Seeanschluss, und ein besonders gutes Cafe,…da liesse es sich durchaus länger aushalten! Da es auch Theodor Fontanes Geburtsstadt ist, beschliessen wir, daheim unsere Fontane-Literaturkenntnisse auf neuesten Stand zu bringen.

Zugfahren mit zwei schwer beladenen Rädern samt Anhänger ist fast immer stressig, besonders in einem überfüllten Zug vor Pfingsten mit gestressten Grossstädtern…aber wir schaffen es bis abends in Kirchmöser einzutreffen. Zum Abschied übernachten wir nochmals am Seglercamp in Plaue und feiern mit Fischgerichten die gelungene Reise. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass wir wieder nach Brandenburg kommen – alle geraden Jahre darf ja Silja die Reiseziele wählen, und die zieht es immer wieder in den Nordosten 🙂 Rainer hat für 2017 schon angekündigt, dass es in den Westen geht (Hamburg -> Stuttgart entlang der Grenze)…warum nicht!? Einzig das feuchte Wetter dort schreckt uns ein wenig…und dass es vielleicht nicht ganz so ruhig, menschenleer und naturverbunden sein wird!? Wir lassen uns überraschen!

  • Königsberger See-Herzsprung-Fretzdorf-Netzeband-Frankendorf-Binenwalde-Zühlen-Warenthin-Rheinsberg
  • Warenthin-Zechliner Hütte-Luhme-Canow-Grossmenow-Menz-Dollgow-Banzendorf-Lindow/Mark
  • Lindow/Mark-Molchow-Krangen-Neuruppin; mit dem Zug via Henningsdorf und Potsdam wieder nach Plaue
  • Zugsreise von Kirchmöser-Magdeburg-Leipzig-Hof-München-Salzburg nach Puch
nach oben
Über den Autor